Zerstörungsfreie Materialprüfung

„Vorsicht ist besser als Nachsicht“ – was der Volksmund so einfach beschreibt, ist als Qualitätskontrolle anspruchsvolle Aufgabe in Unternehmen. Werkstoffe zu prüfen ist notwendig, um ihre verlässliche Verwendung mit hoher Sicherheit zu gewährleisten. Wünschenswert sind dafür Verfahren, die zerstörungsfrei arbeiten und einfach deutbare Kriterien für kritische Fehlstellen liefern. Die Wechselwirkung von physikalischen Wellen mit den Prüflingen ist oft eine geeignete Methode für diese Aufgabe.

Viele Methoden entdecken den Fehler

Das beste Prüfverfahren gibt es nicht. Für jede Prüfaufgabe gibt es mehrere in Frage kommende Prüfmethoden. Es gilt immer einen Kompromiss zwischen spezifischen Vorteilen und Einschränkungen zu finden.

Radiographie, Röntgen und Computertomographie

Röntgenstrahlen sind hochenergetische elektromagnetische Wellen. Sie wechselwirken mit Materie, was zu einer Abschwächung ihrer Intensität beim Durchdringen von Proben führt. Das Ausmaß der Schwächung ist materialabhängig. In der Radiographie wird dieser Kontrastmechanismus zur Bildgebung genutzt.

Bei der Computer-Tomographie (CT) wird die Probe aus verschiedenen Richtungen mit Röntgenstrahlen durchleuchtet. Aus der Vielzahl der richtungsabhängigen Röntgenaufnahmen werden Schnittbilder berechnet. Werden mehrere Schnittebenen derart untersucht, lassen sich daraus auch dreidimensionale Bilder ermitteln.

Shearographie

Die Shearografie ist ein optisches Verfahren, mit der der Verformungszustand der Probenoberfläche untersucht werden kann. Inhomogenitäten im Material wirken sich auf die Verformung auf der Oberfläche aus und können so erkannt werden.

Der Verformungszustand kann erschlossen werden, indem das Interferenzmuster eines aufgeweiteten Laserstrahls ausgewertet wird. Dieser wird an der rauen Probenoberfläche reflektiert und mit einem durch eine Optik leicht verschobenen zweiten Bild der Probenoberfläche überlagert. Es entsteht ein sogenanntes „Speckle-Muster” dessen Verschiebung durch die Verformung der Probenoberfläche die Verformung messbar macht.

Terahertz-Spektroskopie

Die Terahertz-Spektroskopie nutzt elektromagnetische Wellen im Frequenzbereich von Terahertz. Diese durchdringen gut elektrisch isolierende (dielektrische) Körper. Für die Bildgebung kontrasterzeugend können die Absorption (die Schwächung der Strahlung) bzw. der Brechungsindex (verbunden mit der Phasengeschwindigkeit der Welle) herangezogen werden.

Thermographie

Die Thermographie nutzt den langwelligen Bereich des elektromagnetischen Strahlungsspektrums zur Bildgebung: die Wärmestrahlung. Die Wärmestrahlung des Bauteils kann entweder durch Wärmeströme aus der Umgebung oder aus vorangegangenen Prozess-Schritten stammen (passive Thermographie) oder zur Messung auch durch thermische Anregung hervorgerufen werden (aktive Thermographie). Inhomogenitäten im Bauteil beeinflussen den Wärmestrom und somit die Verteilung der Wärmestrahlung, die von der Bauteiloberfläche ausgeht.

Ultraschall

Bei der Ultraschalluntersuchung werden mechanische Wellen durch den Prüfling geschickt. In der herkömmlichen Ultraschallprüfung wird die Schallübertragung aus dem Prüfkopf in den Prüfling mittels Koppelmitteln wie Wasser, Öl oder Koppelgel ermöglicht. In der Luftschallprüfung dient Luft als Koppelmittel, so dass eine berührungslose Prüfung möglich ist.


Das macht die Luftultraschallprüfung besonders

Vielen Anwendern ist bekannt, dass mit Ultraschall zerstörungsfreie Prüfungen möglich sind. Häufig verbinden Sie damit Vorstellungen von der Schweißnahtprüfung und ihren spezifischen Einschränkungen. Die Luftultraschallprüfung unterscheidet sich in wichtigen Punkten von der herkömmlichen Ultraschallprüfung.

Kein zusätzliches Koppelmittel

Um die Ultraschallwellen in Material einzukoppeln, wird beim herkömmlichen Ultraschall ein Koppelmittel verwendet. Dadurch wird der Unterschied der akustischen Impedanz zwischen dem Ultraschallwandler und dem Prüfgegenstand ausgeglichen. Durch eine spezielle Gerätetechnik kann auf zusätzliches Koppelmittel verzichtet werden und der Schall wird durch die Luft in den Prüfling hinein und dann vom Prüfling zum Empfänger geleitet. Dadurch ist nicht nur koppelmittelfreies, sondern auch berührungsloses Prüfen möglich.

Bildgebung als Standard

Bei der Luftultraschallprüfung werden die Bauteile gescannt, so dass Bilder entstehen, die bewertet werden. In die Bildberechnung kann ein Vorwissen über die Fehlertypen gesteckt werden, wodurch spezifische Fehleranzeigen möglich werden.

Die Bewertung weicht ab

Die typischen Scanbilder bei der Luftultraschallprüfung ermöglichen eine flächige Anzeige der Fehler und Abweichungen. Eine Aussage über die Tiefenlage eines Fehlers ist wegen der zeitlich ausgedehnten Ultraschallpulse nicht erreichbar, für die üblicherweise geprüften Plattenstrukturen aber auch nicht notwendig.

Die Normung fehlt weitgehend

Während für die herkömmliche Ultraschallprüfung ein umfassendes Normenwerk vorliegt, ist das für die Luftultraschallprüfung noch nicht der Fall. Weil der luftgekoppelte Ultraschall ein relativ junges Verfahren ist, liegen solche Normen bisher nicht allgemein vor. Häufig wird deswegen nach hausinternen Prüfanweisungen gearbeitet.

Die Probe wird gescannt

Mit der Luftultraschallprüfung können nur größere Fehler von mehr als 1 mm detektiert werden. Dafür sind aber meist große Flächen zu untersuchen. Durch die Berührungslosigkeit fehlt der Kontakt zum Prüfkörper. Um trotzdem eine genaue Positionierung der Ultraschallwandler zu sichern, werden automatische Systeme verwendet. Mit Scannern oder Robotersystemen werden zweidimensionale Abbildungen des Prüfkörpers erzeugt. Platten oder andere ebene Prüflinge können aber auch mittels eines Transportbandes unter dem Ultraschallsystem hindurchgeführt und dabei geprüft werden.

Es wird Leistungsschall verwendet

Es muss mit sehr großen Schallleistungen gesendet werden, um die starke Reflexion der Schallwellen an der Probenoberfläche ausgleichen zu können. Auf der Empfängerseite müssen die aus dem Prüfling austretenden, sehr leisen Schallwellen entsprechend verstärkt werden. Für beide Aufgaben ist eine spezielle Ultraschallelektronik notwendig. Diese besteht aus einer Leistungselektronik auf der Senderseite und sehr rauscharmen Empfangsverstärkern. Herkömmliche Ultraschallgeräte können deshalb nicht verwendet werden.